Wenn das Melkzeug falsch hängt...Luftziehende Melkbecher und unterschiedlich ausgemolkene Euterviertel sind häufige Melkprobleme. Die Ursachen sucht man dann in der Regel beim Zitzengummi oder beim Melkvakuum. Doch sehr oft liegen die Gründe in schlecht positionierten und unflexiblen Melkzeugen. Wie man derartige Melkprobleme verhindert erläutert Melkberaterin Kathrin Lincke, Türkheim. Das Thema Melkzeugpositionierung ist für viele nur mit der Frage verbunden, wie verdreht hängt das Melkzeug unter dem Euter. Erfahrungen diesbezüglich gibt es aus der Anbindehaltung zur genüge. Die über mehrere Monate am selben Platz von einer Seite gemolkenen Tiere haben sehr oft unterschiedlich ausgebildete Hinterviertel - ein ständig ausgemolkenes und ein "aufgeblähtes" Viertel, an dem ewig nachgemolken werden muß. Das hierfür das verdreht hängende Melkzeug verantwortlich ist, muß oft nicht groß erläutert werden. Melkzeughalteband verwendenDie Gegebenheiten in Anbindeställen lassen jedoch nicht immer zufriedenstellende Lösungen zu. Pulsator- und Milchleitungsanschluss befinden sich in der Regel in der Mitte der Standplätze, sind oft aber auch etwas versetzt. Die Längen der Pulsatoranschlußschläuche begrenzen die Möglichkeit, diesen sehr nah an die Kuh zu schieben. Eine wirkungsvolle Hilfe kann ein Melkzeughalteband sein. Mit einer Schlaufe um Milch- und Pulsschlauch wird es entweder am Pulsatortragegriff oder an einem separatem Haken eingehängt, so daß die Schläuche möglichst nah an der Kuh hängen. Melkzeuge nicht fixierenIn Melkständen hängen Melkzeuge verdreht am Euter, wenn der Milchschlauch über die Melkstandkante rutscht. Mit Hilfe von Schlauchklammern, Positionierungsarmen oder Nachmelkvorrichtungen versucht man dieses Problem zu lösen. Doch sehr oft wird dabei das gesamte Melkzeug zu stark fixiert. Der Schlauch bleibt am Boden liegen und Melkarme schränken die Bewegungsfreiheit der Melkzeuge ein. Melkbecher möglichst gleichmäßig belastenGanz vernachlässigt wird die unterschiedliche Gewichtsverteilung auf die einzelnen Melkbecher. Der lange Milchschlauch belastet nur die vordere Melkzeughälfte. Die hinteren werden entlastet oder sogar nach oben geschoben. Daraus ergeben sich mehrere Probleme:
Großer Stutzenabstand verstärkt HebelkräfteMit der zunehmender Größe der Sammelstücke wird auch der Abstand der Einlaufstutzen größer. Das bedeutet wiederum, das durch die Hebelwirkung das Gewicht des langen Milchschlauches noch unterschiedlicher auf Vorder - und Hinterviertel wirkt. Mit anderen Worten: Je größer die Sammelstücke sind, desto mehr Sorgfalt muß für die richtige Melkzeugpositionierung verwendet werden. Siliconschläuche sind leichterAuch die Ausführung des Milchschlauches spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Für die heute üblichen hohen Milchflüsse sind auf Grund der geringeren Vakuumverluste Schlauchquerschnitte von 16 mm zu empfehlen. Solche Gummischläuche sind allerdings sehr schwer und unflexibel (von anderen Nachteilen ganz zu schweigen). Deshalb sind auch hierfür die viel leichteren und biegsameren Siliconschläuche besser geeignet. Haken kann schon helfenDie einfachste Lösung ist die Schlauchführung mit Hilfe eines festen Hakens an der unteren Melkstandbegrenzung zu verbessern. Die Haken sollten dabei so angebracht werden, das Milch- und Pulsschlauch möglichst senkrecht zur Kuh hängen. Selbst in sehr steilen Fischgrätenmelkständen erzielt man damit eine gleichmäßigere Belastung der einzelnen Melkbecher, als wenn der Schlauch am Boden liegt. Hinzu kommt noch der im letzten Heft schon beschriebene positive Effekt der zyklischen Vakuumschwankungen. Diese Lösung ist nicht optimal aber sehr billig und reicht oft schon aus:
Wer noch mehr tun will, kann den Schlauch mit einfachen Melkarmen führen. Hierbei soll jedoch unbedingt darauf geachtet werden, daß der Abstand Melkarm - Sammelstück nicht zu kurz ist (> 30 cm). Wenn es die Gegebenheiten erlauben, ist hier ein Abstand von 50 cm anzustreben. So wird verhindert, daß ein fest eingestellter Melkarm die Melkbecher zu weit unten hält oder auch nach oben schiebt. Grundsätzlich gilt: Melkbecher müssen möglichst unabhängig voneinander oder von anderen Melkhilfen arbeiten können. Nur so ist ein individuelles Ausmelken der einzelnen Euterviertel möglich. Das Mittel der Wahl sind Melkarme, die mit der Bewegung der Kuh mitgehen und dabei noch in der Lage sind einen Zug auf das Melkzeug auszuüben. Mit solchen Melkarmen können die Melkbecher je nach Ausbildung der Euter individuell belastet werden. So ist es möglich auch unterschiedliche Euterviertel nahezu in der gleichen Zeit zu melken. Leider erfüllen die meisten auf dem Markt befindlichen Melkarme und Nachmelkvorrichtungen diese Anforderung nicht. Im Gegenteil, oft behindern sie die Melkzeugbewegung, weil die Verbindung zum Melkzeug sehr starr ist oder der vorgegebene Spielraum nicht ausreicht. Wie sollen Melkarme seinFür die Auswahl von Positionierungs- und Nachmelkvorrichtungen sollten aus der Sicht der optimalen Melkzeugpositionierung und Schlauchführung folgende Kriterien beachtet werden:
Wer bereits Melkarme hat, kann prüfen, ob sich noch etwas verbessern lässt.
Kurze Milchschläuche sind oft zu hartDoch all diese Maßnahmen werden nicht den erwünschten Erfolg bringen, wenn die Melkeinheit in sich sehr steif ist. Ein Hauptproblem dabei sind die kurzen Milchschläuche. Je härter und kürzer die kurzen Milch- und Pulschläuchen sind, desto unflexibler wird das Melkzeug. Ein individuelles Ausmelken einzelner stärker betonter Euterviertel wird unmöglich, wenn die zum Melkende an der Zitzen hochrutschenden Melkbecher den oder die zuletzt melkenden Zitzenbecher mit hinaufziehen. Hier schwillt sehr bald der Fürstenbergsche Venenring an und lässt den Milchfluss versiegen. Um die Milch dieser Viertel noch zu gewinnen muß dann nachgemolken werden. Haftprobleme entstehen auch, wenn der erste Melkbecher nach oben rutschen müsste, um an der leeren zusammengefallenen Zitze wieder Halt zu bekommen, daran aber durch harte und steife Milchschläuche gehindert wird. Nehmen Sie Ihr Melkzeug in die Hand und testen Sie wie schwer oder leicht sich ein Melkbecher unabhängig vom Sammelstück bewegen lässt. Die Folge solcher Bedingungen sind sehr unterschiedlich ausgemolkene Euterviertel und dementsprechend lange Nachmelkzeiten. Das dadurch die restlichen Viertel durch Blindmelken sehr stark beansprucht werden und sich die Gesamtmelkzeit verlängert, hat natürlich langfristig auch Auswirkungen auf die Eutergesundheit. Wer die Möglichkeit hat (keine Monoblockzitzengummis) sollte im Handel nach weicheren Milchschläuchen suchen - es lohnt sich auf jedenfall! Wenn es bei sehr stufigen Eutern nicht ausreicht den Schlauch anzuheben, um die Vorderviertel zu entlasten, können an den vorderen Melkbechern auch längere kurze Milchschläuche (16 -18 cm) eingesetzt werden. Werden kurze Milchschläuche bei Schäden einfach gekürzt oder werden unterschiedliche Längen gekauft und wahllos eingesetzt, hat das ungeahnte Auswirkungen auf den Ausmelkgrad. Sind einzelne Schläuche zu kurz kommt es an diesen Vierteln verstärkt zu Lufteinbrüchen und Haftproblemen. Melkbecher mit zu langen Milchschläuchen melken langsamer und werden schlechter leer, weil die Becher zu wenig belastet oder zu früh nach oben geschoben werden. Leichte Melkbecher haben Nachteile
Noch schlimmer sind die Auswirkungen harter kurzer
Milchschläuche, wenn sehr leichte Melkbecher (< 300 g)
im Einsatz sind. Sich über die Verbesserung der Melkzeugpositionierung Gedanken zu machen lohnt sich auf jeden Fall. Die Bedeutung nimmt noch zu, wenn im Bestand viele Stufeneuter oder unausgeglichene Euter vorkommen und wenn die Euter sehr hoch angesetzt sind. Probleme in Side by Side MelkständenNur in Side by Side Melkständen ist es schwierig zufriedenstellende Lösungen zu finden. Hier fällt der oft recht kurze Milchschlauch direkt nach dem Sammelstück nach unten zur Milchleitung. Dabei werden die Hinterviertel sehr stark belastet, die Vorderviertel dagegen nach oben geschoben. Wenn dazu vorn noch leichte Melkbecher eingesetzt sind oder die Kühe betonte Vorderviertel haben, muß hier sehr lang nachgemolken werden oder die Viertel werden nicht leer. Die Vakuumbedingungen sind vor allem bei geringen Milchflüssen denkbar ungünstig. Hier ist ein Schlauchquerschnitt von 14 mm absolut ausreichend. Wer den Schlauch ansteigen lassen will, um das stabile Vakuum etwas abzuschwächen muß aufpassen, daß dabei die hinteren Melkbecher nicht zu sehr entlastet werden. Höhenverstellbare Schlauchhalterungen sind besser als nichts, beeinträchtigen jedoch den Arbeitsbereich des Melkers. Durch Aufhängen der Schläuche kann sich das Melkzeug verdrehen. Da in der Melkzeugpositionierung und Schlauchführung kaum zufriedenstellende Lösungen zu erreichen sind, sollten zumindest alle anderen Bedingungen so günstig wie möglich gestaltet werden, um langfristig größere Probleme zu vermeiden: ausreichende Stimulation, hohe Milchflüsse, kurze Melkzeiten, niedriges Melkvakuum und nahezu kein Blindmelken - auch wenn dabei vielleicht etwas Milch in den Eutern bleibt. Wer Probleme mit verspannten Eutern hat sollte versuchen, die Kühe nicht mehr oder weniger an die Kotrinne zu drücken. Um allen Side by Side Anhängern vorzugreifen - Wer keine Probleme hat (auch das gibt es natürlich), dem wünsche ich, daß das lange so bleibt. Alle anderen sollen aber wissen, mit welchen Schwierigkeiten in solchen "modernen" Melkständen zu rechnen sind. Checkliste: Richtig melken (3)Melkzeugpositionierung
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